Wenn ein nahe stehender Mensch stirbt, muss sich auch recht bald um die Hinterlassenschaften des Verstorbenen gekümmert werden. Dabei erwarten die Erben statt gut gefülltem Konto und wertvollen Immobilien oft eine böse Überraschung. Oft ist es ratsam, das Erbe dann auszuschlagen. Doch welche Fristen müssen beachtet werden?
Inhalt:
Wann es sinnvoll ist, ein Erbe auszuschlagen
Erbunwillige haben sechs Wochen Zeit, aktiv zu werden
Ein Erbe kann immer nur komplett ausgeschlagen werden
Die Ausschlagung revidieren
Wann es sinnvoll ist, ein Erbe auszuschlagen
Ob gesetzliche Erben oder im Nachlass bedachte Personen – niemand hat die Verpflichtung, ein Erbe anzutreten. Der Gesetzgeber hat den Schutz des Erben im Blick, der für Schulden mit seinem Privatvermögen haften müsste, was einen finanziellen Ruin bedeuten kann. In diesen Fällen sollte ein Erbe ausgeschlagen werden:
– Überschuldeter Nachlass: Die Vermögensverhältnisse des Erblassers sollten recht bald nach seinem Tod überprüft werden. Sterbeurkunde und Stammbuch berechtigen Banken gegenüber zur Auskunft. Ein Erbschein darf laut BGH-Urteil nicht verlangt werden (Az. XI ZR 401/12 vom 8.10.2013), denn liegt der vor, gilt das Erbe als angenommen.
– Immobilie in schlechtem Zustand: Eine alte Immobilie ist nicht immer ein Grund zur Freude. Wer die Folgekosten für Sanierung und Instandhaltung nicht tragen kann, hat die Möglichkeit, zu verkaufen. Oder das Erbe auszuschlagen, da der Verkaufserlös nur gering sein dürfte.
– Überschuldeter Erbe: Überschuldete Erben haben oft kein Interesse, ihren Anteil am Nachlass verschiedenen Gläubigern zukommen zu lassen. Wird in diesem Fall das Erbe ausgeschlagen, erbt der nächste in der gesetzlichen Erbfolge.
– Privatinsolvenz des Erben: Manche Erben möchten nicht, dass geerbtes Vermögen zur Hälfte an den Insolvenzverwalter während der sogenannten Wohlverhaltensperiode fällt. Eine Ausschlagung ist dann möglich.
Erbunwillige haben sechs Wochen Zeit, aktiv zu werden
Wer ein Erbe ausschlagen will, muss beizeiten aktiv werden. Denn das Nachlassgericht informiert Erben nur, wenn es ein Testament gibt, oder ein anderer Erbe bereits ausgeschlagen hat. Um ein Erbe abzulehnen, muss binnen von sechs Wochen gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht der Verzicht erklärt werden. Dabei gilt als Frist nicht der Todestag des Erblassers, sondern das Datum, an dem von der Erbschaft erfahren wurde. Verstreicht diese Frist, gilt das Erbe automatisch als angenommen. Ausnahmen von dieser Regelung bestehen nur, wenn Erblasser oder Erbe zum Todeszeitpunkt im Ausland gelebt haben. Es reicht jedoch nicht aus, dem Nachlassgericht den Verzicht am Telefon zu erklären. Gemäß § 1945 BGB muss die Ausschlagserklärung als Niederschrift oder öffentlich beglaubigt abgegeben werden. Das übernimmt auch der zuständige Rechtspfleger am Nachlassgericht. Gegen Vorlage der Sterbeurkunde zeichnet er die Verzichtserklärung auf, die sofort unterschrieben werden kann. Es empfiehlt sich, die Gründe für den Erbverzicht kurz darzulegen. Zuständig ist das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Bei großen Entfernungen können Erben die Erklärung jedoch auch an ihrem eigenen Wohnort abgeben. In Baden-Württemberg ist sich an das staatliche Notariat zu wenden. Ist ein Deutscher mit Wohnsitz im Ausland verstorben, ist das Amtsgericht in Berlin-Schöneberg zuständig. Wenn ein Erbe minderjährig ist, müssen seine gesetzlichen Vertreter das Erbe ausschlagen. Hierfür ist jedoch ein Antrag beim Familiengericht notwendig.
Ein Erbe kann immer nur komplett ausgeschlagen werden
Um ein Erbe auszuschlagen, das überschuldet ist, fällt eine Pauschale von 30 Euro an. Wer einen lukrativen Nachlass ausschlägt, muss mit Kosten nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz rechnen. Ist das Erbe umfangreich, kann das teuer werden. Übrigens funktioniert es nicht, sich ein Erbe à la carte zusammenzustellen. Das abbruchreife Haus abzulehnen und dafür das gut gefüllte Bankschließfach zu nehmen ist nicht möglich. Ein Erbe kann immer nur komplett ausgeschlagen werden. Das bedeutet jedoch auch, dass auf den gesetzlichen Pflichtteil verzichtet werden muss. Es rücken dann entsprechend der gesetzlichen Erbfolge die nächsten Berechtigten nach. Schlägt jeder der gesetzlichen Erben den überschuldeten Nachlass aus, nimmt sich der Staat des Erbes an und wird versuchen, durch Verwertung der vorhandenen Besitztümer Schulden zu tilgen. Eventuelle Gläubiger gehen darüber hinaus leer aus.
Die Ausschlagung revidieren
Stellt sich nach der Ausschlagung heraus, dass ein Erbe doch nicht so überschuldet war wie angenommen, kann die Entscheidung eventuell rückgängig gemacht werden. Dafür müssen Teile des Nachlasses jedoch nicht bekannt gewesen sein. Eine anwaltliche Beratung empfiehlt sich in diesem Fall. Ist sich ein Erbe über seinen Irrtum bewusst, muss die Anfechtung der Ausschlagung ebenfalls wieder mit einer Frist von sechs Wochen beim Nachlassgericht geltend gemacht werden.
Redaktion: Walter Braun
Bilder: pixabay.com
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Tyler Padleton meint
Danke für diese Ratschläge zum Ausschlagen einer Erbschaft. Ein Freund von mir sucht gerade nach einer Beratung zur Erbschaft, da ihm ein Onkel etwas vererbt hat. Ich werde ihm diesen Beitrag weiterleiten. Guter Hinweis, dass ein Erbe immer nur komplett ausgeschlagen werden kann.
Ronja Oden meint
Gut zu wissen, dass im Erbrecht niemand dazu verpflichtet ist ein Erbe anzutreten. Gut zu wissen, dass der Gesetzgeber den Schutz des Erben im Blick hat, der für Schulden mit seinem Privatvermögen haften müsste, was einen finanziellen Ruin bedeuten kann. Ich finde diese Regelung sehr gut, denn so bin ich nicht gezwungen die Schulden meiner Eltern zu erben.